Birgit Dörges & Jürgen Heucke (1995 ): „Ecology, Social Organization & Behavior of the Feral Dromedary Camelus dromedarius (L.1758) in Central Australia“. Unveröffentlichte Übersetzung zweier deutscher Dissertationen, 256 Seiten. plus 2 Anhänge, 198 Seiten. [Englisch]
Das Sozialverhalten des Dromedars war bis zum Beginn der Untersuchungen völlig unbekannt. Nur in Australien finden sich wildlebende Dromedare in großen Populationen. Die vorliegende Studie zum Verhalten, Familienleben und der Ökologie des verwilderten Dromedars beschreibt detailliert die Ergebnisse einer Langzeituntersuchung an individuell bekannten Tieren im Freiland.
Von besonderer Bedeutung der Arbeit an wildlebenden Dromedaren auf die Haltungsbedingungen von in Mitteleuropa gehaltenen Großkamelen dürften folgende Aspekte sein:
Kamele sind soziale Tiere, sie leben in Gruppen und sollten daher niemals allein gehalten werden. Stuten leben in Stutengruppen zusammen, denen sich während der Fortpflanzungszeit, im Winter, ein Hengst anschließt. Erwachsene Hengste in Brunft konkurrieren um die Stuten und können sich in dieser Phase ernsthafte Verletzungen zufügen, die letale Folgen haben können. Überzählige Hengste leben in Hengstgruppen zusammen, ältere erwachsene Hengste auch allein. Alle Sozialeinheiten sind nicht territorial.
Während der Fortpflanzungszeit herdet ein erwachsener Hengst die Stutengruppe, bei Übernahme vertreibt er entwöhnte junge Hengste, die sich dann Junggesellengruppen anschließen. Die jungen Stuten verbleiben in der mütterlichen Gruppe. Der herdende Hengst verteidigt seine Stuten aggressiv gegen Nebenbuhler, er fordert die alleinigen Fortpflanzungsrechte. Nach etwa 3 Monaten, gegen Ende seiner Brunftperiode, verlässt er die Gruppe oft freiwillig, oder wird von einem stärkeren Hengst vertrieben. Es wurde niemals beobachtet, dass zu Beginn der nächsten Fortpflanzungsperiode derselbe Hengst dieselbe Stutengruppe übernimmt. Der herdende Hengst ist also nicht der Vater, der zu erwartenden Fohlen!
Die Tragzeit der wildlebenden Dromedare beträgt etwa 1 Jahr. Vor der Geburt des Fohlens sondert sich die hochträchtige Stute von ihrer Gruppe ab und sucht entlegene, deckungsreiche Sanddünengebiete auf. Hier gebiert sie und bleibt mit ihrem Fohlen bis zu 3 Wochen allein. Erst dann sucht sie aktiv nach anderen Müttern mit jungen Fohlen. Mütter mit Fohlen eines Jahrgangs schließen sich zusammen, sie bilden Kindergärten, denen sich in Folge auch andere Artgenossen anschließen können. Der Zusammenschluß dieser Individuen dauert bis zur Entwöhnungsphase der Jungtiere, also bis zu 2 Jahre sind diese Gruppen stabil.
Besonders bedeutsam hinsichtlich der Zucht unter Haltungsbedingungen ist die Entdeckung des soziobiologischen Infantizids beim wildlebenden Dromedar. Hengste in Brunft verhalten sich aggressiv gegenüber Neugeborenen, sie herden die Mutter weg von ihrem Fohlen. Das kurz nach der Geburt noch recht immobile Fohlen kann nicht folgen und stirbt. Der Hengst nutzt den post-partum Östrus der Stute, um eigene Fortpflanzungs-Chancen wahrzunehmen.
- Download (PDF: 256 Seiten, ~50 MB, englischsprachig): Bericht
- Download (PDF: 195 Seiten, ~20 MB, englischsprachig): Anhang
- Download (PDF: 3 Seiten, ~2 MB, englischsprachig): Großformat-Tabellen